Rundbrief 3/ 2020                                                                                       Dresden, 17.07.2020
Liebe Mitglieder der Orts- und Kreis- und Stadtgruppen des Landesverbandes Sachsen/ Schlesische Lausitz, liebe Einzelmitglieder!
Wieder ist ein Vierteljahr vergangen, eines, was wir so schnell nicht vergessen werden. Unser Land befand sich in völliger Lähmung - Kontaktverbote, Aussetzung von Grundrechten, Millionen Menschen in Kurzarbeit usw. Wollen wir hoffen, daß sich Land, Leute und Wirtschaft wieder erholen und keine gravierenden Schäden bleiben.
Auch unsere Vereinsarbeit war stark betroffen. Viele Termine mußten abgesagt oder verschoben werden. Unser Landesverbandstag fiel erneut aus. Mit dem Wirt vom „Brauhof“ in Freiberg haben wir uns nun auf den 5. September für einen dritten Versuch geeinigt. Die Einladung dazu folgt.
Trotzdem liefen in dieser Zeit „hinter den Kulissen“ vielfältige Aktivitäten. Der Vorstand und einige Mitglieder fertigten einen Entwurf für eine Vereins- Standarte an. Diese soll durch unseren Landesverband, vor allem aber durch Spenden finanziert werden. Ein Spendenaufruf ist schon druckreif, wir warten mit dem Verschicken nur noch die Auftragserteilung an den besten Anbieter ab.                      Eigentlich sollte in Radebeul eine vom SMI geförderte Tagung zur Entwicklung der Vertriebenenverbände im Freistaat Sachsen nach 1990 stattfinden. Diese interessante Veranstaltung mußte leider auch ausfallen. So bekamen die verschiedenen Gruppen von Herrn Dr. Baumann die „Hausaufgabe“, eine schriftliche Ausarbeitung über ihren jeweiligen Verband zu erstellen. Für unseren Landesverband recherchierte ich in alten Unterlagen, soweit sie noch vorhanden waren. Von den Anfangsjahren bis zur Jahrtausendwende existieren kaum Dokumente. Hier mußten die Damen und Herren der „ersten Stunde“ befragt werden. Protokolle, Zeitungsausschnitte, Schriftwechsel und Gespräche erbrachten nach ungezählten Arbeitsstunden ein ansehnliches Ergebnis. Das wurde Herrn Dr. Baumann zur Verfügung gestellt und soll Eingang in ein Buch über Sachsens Vertriebenenverbände und ihre Entwicklung geben. Auf das Erscheinen dieses Druckwerkes können wir gespannt sein. Viele interessante und bisher unbekannte Fakten werden darin enthalten sein.  In der Zeit des verordneten Stillstandes unserer Gesellschaft konnten wir auch zu einigen Themen etwas genauer forschen. Im März dieses Jahres erschien in der Zeitschrift „Schlesischer Gottesfreund“ ein Artikel zu bekannten Spezialitäten Schlesiens. Einige der angeführten Sachen waren mir unbekannt. Ich versuchte, etwas über die dort genannten „Schömberger Würstel“ zu erfahren. Im Heimatblatt des Kreises Landeshut „Schlesischer Gebirgsbote“ fragte ich in einem Leserbrief nach den speziellen Eigenschaften dieser Wurstsorte. Drei Leser der Zeitung setzten sich mit mir in Verbindung. „Die Schömberger“ waren kleinere, bockwurstähnliche, paarweise servierte Würstchen, die über Tannenzapfen geräuchert wurden und dadurch einen besonderen Geschmack hatten. 1834 wurden sie vom Fleischermeister Springer in Schömberg erfunden und dann von allen Fleischern Schömbergs gefertigt und teilweise bis nach Amerika verschickt. Leider sind wir dem Rezept noch nicht auf die Spur gekommen, obwohl wir Kontakt zu den Nachkommen der Fleischer gesucht haben. Ein besonders eifriger Kenner Schömbergs zählt jetzt mit seinen 99 Lebensjahren zu meinen Brieffreunden! Nun stelle ich die nächste Frage. Was sind Schweidnitzer Kellerwürstchen? Haben sie etwas mit dem Lokal im Breslauer Rathaus zu tun? Wer kann mir und uns diese Frage beantworten?Ashampoo_Snap_2020.07.26_07h15m32s_002_
Eine weitere Aktion unter Mitwirkung des Landesverbandes der Schlesier konnte in den letzten Wochen abgeschlossen werden. Einige Schulen im polnischen Niederschlesien suchten für den Deutschunterricht Kinderbücher. Einer Schule in Seitsch (Guhrauer Land) kann demnächst geholfen werden. Nach einem Aufruf kamen sehr viele brauchbare Bücher, darunter ganze Klassensätze, zusammen. Diese werden in den nächsten Tagen die Reise nach Seitsch antreten und von Vertretern unseres Vereines übergeben. Sicher können wir darüber im nächsten Rundbrief berichten.
Unmittelbar nach der Aufhebung der Grenzsperre zu Polen begannen Mitglieder des LV mit den Planungen für neue Termine zur Herstellung der alten evangelischen Friedhöfe in Giersdorf bei Bunzlau, Schreiberhau und Sibyllenort. Am 19. und 20. Juni fand der erste Einsatz in Giersdorf statt. Sechs Mitglieder unser LV arbeiteten mit Unterstützung durch die „Kirchliche Stiftung ev. Schlesien“, der Stiftung „Twoje Dziedzictwo“ (Dein Kulturerbe) und den „Freunden zur Rettung schlesischer Kulturgüter“ zusammen. Auch strömender Regen am Sonnabend konnte uns die Laune und Arbeitslust nicht verderben. So wurde wieder ein großer Teil dieses Friedhofes sichtbar und der im Herbst freigelegte Teil überarbeitet. Mindestens noch zwei Wochenendaktionen sind zur vollständigen Freilegung nötig. Die Mühe lohnt, denn es kommen doch interessante Funde zum Vorschein. Wer kennt schon solche, dort in großer Zahl vorhandene, Kindergrabsteine. Sie sind nur etwa ein Drittel so groß als die der Erwachsenen- in der Form und Material aber identisch. Während der Arbeit werden wir Teilnehmer zwangsläufig auch oft nachdenklich. Was für ein Haß auf die alteingesessene deutsche Bevölkerung hat sich hier auf dem Friedhof entladen. Umgestürzte und zerschlagene Grabsteine, aufgebrochene und geplünderte Grüfte mit den Überresten der Gebeine der Verstorbenen. Man kann es nicht glauben, daß gläubige Menschen katholischen Glaubens selbst vor den Toten der vertriebenen Deutschen kein Erbarmen hatten. Aber es ist auch ein Lichtblick, daß die jetzigen Bewohner unsere Arbeiten unterstützen und nun selbst nach der Geschichte ihres Wohnortes suchen.  Ich rufe hiermit zum nächsten Arbeitseinsatz in Giersdorf auf, der vom 31. Juli- 2. August stattfindet.
Fest steht auch der neue Termin zur Verschönerung des Friedhofes in Schreiberhau. Mit tatkräftiger Unterstützung der dortigen Gemeinde und ihrem Bürgermeister werden wir dort vom 18.- 20. September tätig sein. Auch hier bitten wir um Meldungen, wer uns dabei unterstützen möchte. In Sibyllenort, dem Sterbeort unseres letzten sächsischen Königs, wird es Ende Oktober, voraussichtlich vom 23.-25., einen neuen Einsatz geben. Bitte melden Sie sich, wenn an diesem Termin Interesse zur Mitarbeit besteht. Anmeldungen können für alle Einsätze beim Vorstand telefonisch, postalisch oder per E-Mail vorgenommen werden.
Am 17. Juni habe ich als Landesvorsitzender ein Gespräch mit der Kulturreferentin für Schlesien, Frau Agnieszka Bormann, in Görlitz geführt. Dabei unterhielten wir uns über Möglichkeiten der Förderung einiger Vorhaben durch Ihr Amt. Es war sehr wichtig, daß wir als Landesverband den Kontakt mit dieser Stelle suchen. Wir sind der schlesische Verein, der am nächsten an der Heimat dran ist und einige jüngere Mitglieder zur Umsetzung grenzüberschreitender Projekte besitzt.
Wir möchten Sie gern über ein Radtourismusangebot informieren, auf das uns ein Mitglied aufmerksam machte. Es handelt sich um die Region entlang der Bartsch. Hier lockt eine 150 km lange Strecke am Fluß entlang, vorbei an Teichlandschaften, Kirchen und Kirchruinen sowie Dörfern mit eigenen Lebensmittelangeboten. Übernachtet werden kann in kleinen ländlichen Pensionen. Leider gibt es die sehr ansprechende Netzseite noch nicht in deutscher Sprache. Trotzdem lohnt ein Blick auf diese Seite für Radler, die neue Strecken suchen. https://dolnoslaskakrainarowerowa.pl/  (A. Grapatin)
Bereits zum 5. Mal treffen sich Regionalforscher, Historiker, Ortschronisten und Genealogen zu ihrer internationalen Bobertaltagung, vom 17. bis 20. September 2020. Nach der Grenzöffnung hoffen die Organisatoren Doris Baumert und Jürgen Schwanitz in enger Zusammenarbeit mit Dr. Ulrich Schmilewski von der Stiftung Kulturwerk Schlesien, daß ihr in den vergangenen Monaten akribisch zusammengetragenes Programm aus Vorträgen und Exkursionen wie geplant realisiert werden kann. Diesmal steht das Gebiet um Löwenberg, Lähn, Liebenthal und Greiffenberg im Zentrum des Interesses. Tagungsort ist das Hotel Sudetia in Bad Flinsberg. Die Vorträge befassen sich u.a. mit den niederschlesischen Kuranlagen und Gärten, der Heiligen Hedwig und Rübezahl mit dem geplanten Museum (Exponate aus dem ehemaligen Museum in Görlitz), der Hebamme Justina Siegmund und der Segelfluggeschichte von Grunau. Daneben gibt es wieder einen Abriß der aktuellen Forschungs- und Restaurierungsaktivitäten in diesem Raum. Nähere Details zu diesem Programm und Anmeldeformalitäten (maximal 25 Personen; bis 31. Juli) sowie Informationen über die bisherigen vier Tagungen mit den veröffentlichten Seminarberichten (über 1100 Seiten) sind per e-Mail unter juergen.schwanitz@freenet.de erhältlich.  (A. Grapatin)
Neues gibt es auch vom Glogauer Heimatbund. Belegbare 1000 Zugriffe pro Monat waren der Anlaß, über sinnvolle Ergänzungen des Internetauftritts des Glogauer Heimatbundes nachzudenken. Besucher der Homepage werden jetzt mit einer Luftbildaufnahme begrüßt, die die Anwesenheit des Luftschiffes Graf Zeppelin LZ 127 anhand einer Ansichtskarte (datiert 1931) über der Altstadt von Glogau dokumentiert. Für Familienforscher dienlich wurde das Thema Genealogie mit entsprechenden Hinweisen auf Archive und sonstige Quellen. Und auch fundierte Geschichtsbeiträge aus dem „Neuen Glogauer Anzeiger“ finden sich auf der Internetseite. Schließlich wagt der Glogauer Heimatbund e.V. den Schritt in die Zweisprachigkeit, da er und der polnische Geschichtsverein „Towarzystwo Ziemi Głogowskiej" eine weiterführende Zusammenarbeit vereinbart haben. http://www.glogauerheimatbund.de   (A. Grapatin)
Ich komme in diesem Rundbrief nicht um eine politische Notiz herum, die sicher nicht nur mich beschäftigt. Im Vorfeld des Besuches des deutschen Außenministers in Polen nach der Grenzöffnung, forderte der Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe, Manuel Sarrazin (Grüne), im Streit um Reparationszahlungen an Polen ein Entgegenkommen der Bundesregierung. Durch den „ziemlich ignoranten Umgang" mit den Forderungen aus Polen sei erheblicher Schaden entstanden, heißt es in einem Papier Sarrazins, aus dem die „Süddeutsche Zeitung" (Mo., 15.6.20) zitiert. Den polnischen Forderungen sei nun „mit Empathie und Entgegenkommen" zu begegnen. Die „brüske Ablehnung" der aus Polen vorgetragenen Reparationsforderungen in der Vergangenheit sei zwar „juristisch formal korrekt, aber moralisch und politisch kaum vertretbar". Deutschland solle im Rahmen einer humanitären Geste einen Fonds aufsetzen, aus dem medizinische Kosten für noch lebende Opfer von Krieg und Besatzung übernommen werden können, fordert Sarrazin. Aus einem weiteren Fonds sollten als „Geste des guten Willens" Entschädigungen an Opfer oder deren Kinder gezahlt werden, die bei bisherigen Zahlungen nicht berücksichtigt wurden. Es gebe „weiterhin kaum berücksichtigte blinde Flecken deutscher Schuld während Krieg und Besatzung in Polen". Geschaffen werden solle zudem ein Rahmen zur Unterstützung polnischer Kultur. Ziel der deutschen Besatzungspolitik sei es schließlich nicht zuletzt gewesen, die polnische Kultur zu zerstören. Ein Wort zum polnischen Unrecht der Vertreibung der deutschen Bevölkerung fehlt natürlich. So kann eine geschichtliche Aufarbeitung nicht funktionieren.
Unser Mitglied Silvia Koziolek- Beier hält am 17.10.2020, 14 Uhr einen Vortrag über „30 Jahre deutsche Minderheit in Polen- Zeitzeugen melden sich zu Wort“. Ort der Veranstaltung: Dresden, Lingner Allee 3, Eingang Nord, Parterre, linker Flur, Raum 3019. Bitte nutzen Sie diese interessante Veranstaltung
Ganz aktuell noch eine Buchempfehlung. „Wer sich anpaßt, kann gleich einpacken“- eine Autobiographie unseres Landsmannes Kardinal Joachim Meisner, der 1933 in Breslau geboren wurde. Seine Erinnerungen, drei Jahre nach seinem Tod erschienen, umfassen die komplette Lebensspanne des konservativen wie streitbaren Kardinals, behandeln aber näher seine Kindheit und seinen Werdegang als Priester in der DDR, Weihbischof in Erfurt und Bischof des geteilten Berlins.
Den Rundbrief möchte ich mit einem „Fundstück“ beenden. Das folgende Gedicht fand sich anonym im Briefkasten unseres „Hauses der Heimat“ in Reichenbach. Es entstand vermutlich unmittelbar nach dem Kriegsende. Der Verfasser wird mutmaßlich in der Umgebung von Reichenbach gestrandet sein.                                                 

Schicksal der Schlesier

Glocken läuten hell den Sonntag ein.
Überm Berge muß die Heimat sein.
Nach dem Osten richtet sich der Blick,
man läßt uns in die Heimat nicht zurück.

Wolk und Vogel, die ihr oben zieht,
traget heim hier dieses Sehnsuchtslied-
einen Gruß in unser Schlesierland,
das gefallen ist in Feindes Hand.

Den schönsten Platz, den ich auf Erden hab`,
das ist die Rosenbank am Elterngrab.
Auch dieser ist uns leider nicht vergönnt,
weil wir so weit, so weit von ihm getrennt.

Wir mußten fliehen aus unserm Heimatort,
verlassen Haus und Hof und alles dort.
Schuldlos verarmt treibt man uns hin und her,
es findet eins das andere nicht mehr. 
 
Familien noch ganz zerrissen sind-
hier ist die Mutter, wo ihr einzig Kind?
Ein Bauer sucht sich mühsam nur sein Brot,
und dort die Lieben leiden bittre Not.

Ein alter Vater, altes Mütterlein
stehn nun auf dieser großen Welt allein.
Der einzige Sohn war Stütze einst und Glück,
Ist aus Gefangenschaft noch nicht zurück.

Als Landser irrt verzweifelt er umher,
kam nicht nach Haus, hat keine Heimat mehr,
geht bis zur Neiße und versucht sein Glück,
der Feind weist ihn erbarmungslos zurück.

Das ist der Lohn für seine Tapferkeit.
Mach End´, oh Herr, und wende diese Zeit.
Schenk uns zurück das schöne Schlesierland,
wo einst schon unser Väter Wiege stand.

Denn nur die Hoffnung ist´s, die manchen hält,
er der Verzweiflung nicht zum Opfer fällt.
In tiefste Dunkelheit kommt endlich Licht.
Drum, arme Schlesier, verzaget nicht.

Nur in der Heimat gibt es ein Wiedersehn.
O Gott, erhöre unser täglich Flehn.
Führ uns zurück an deiner lieben Hand -
in unser einst so liebes Schlesierland.
                                  
Im Namen des Vorstandes wünsche ich Ihnen einen schönen Sommer sowie erholsame Urlaubstage und verbleibe mit heimatlichen Grüßen als Ihr
      
Friedemann Scholz- Vorsitzender

Landsmannschaft Schlesien
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