Friedhof Nieder- Schreiberhau. Ein weiterer Baustein zur Wiederherstellung.

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Endlich war es soweit. Nach monatelanger Zwangspause, mehrmaligen Terminänderungen und großem Organisationsaufwand konnten wir vom 1.- 3. Oktober unseren zweiten Einsatz auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof in Niederschreiberhau durchführen. Dazu reisten allein 20 Mitglieder und Freunde unseres Landesverbandes nach Schreiberhau und nahmen dort in verschiedenen Pensionen Quartier. Wir begannen am Freitagmittag unsere Arbeit auf dem Friedhof, diesmal war der untere Teil Schwerpunkt des Einsatzes. Die Stadtverwaltung hatte schon im Vorfeld Schneid- und Mäharbeiten durchgeführt und den angefallenen Grünschnitt entsorgt. 13 Uhr wurden uns die nötigen Werkzeuge vom Grünanlagenamt gebracht. Zur gleichen Zeit bekamen wir auch einen Minibagger samt Fahrer für unsere Arbeit. Dies sollte uns die anstehende Bergung größerer Grabsteine enorm erleichtern. Der Baggerfahrer selbst erwies sich als ein Glücksfall. Er konnte nicht nur die deutsche Sprache, sondern war mit größtem Eifer bei der Sache. Unsere Begeisterung schien ihn angesteckt zu haben. Am ersten Tag arbeitete unsere „Delegation“ bis 18 Uhr allein auf dem Friedhof. Den Abend ließen die meisten gemeinsam bei Speis‘ und Trank in der „Iser- Baude“ ausklingen.
Robert Wollny und ich fuhren an dem Abend noch zur Eröffnung der Jahresversammlung des VSK (Verein zur Pflege schlesischer Kultur und Kunst) nach Lomnitz. Dessen Vorstand hatte uns  eingeladen, da der VSK den Friedhof Nieder- Schreiberhau als großes Projekt in seinen Arbeitsplan aufgenommen hat. So konnten wir uns davon überzeugen, daß es schon die ersten Entwürfe für eine nachhaltige Entwicklung des Friedhofes zu einer Kunst- und Kulturstätte gibt. Das Riesengebirgsmuseum Hirschberg, die Stadt Schreiberhau und der VSK ziehen dabei an einem Strang. Nach vielen Jahren halbherziger Versuche, gibt es jetzt eine Perspektive. Wir dürfen uns sehr freuen, daß unsere Initiative 2020, der erste größere Arbeitseinsatz, dieses geplante Projekt angeschoben hat. Unser Anteil am Erfolg sollte bei der weiteren Entwicklung nicht vergessen werden. Dies baten wir unsere Gesprächspartner an dem Abend.
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Am Sonnabend den 2. Oktober begannen wir gegen 9 Uhr mit den Arbeitsplanungen für den Tag. Der Bagger mit seinem Führer war auch wieder zur Stelle. Um 10 Uhr eröffnete Janusz Lichocki, der Präsident des Stadtrates, offiziell den Arbeitseinsatz. Er vertrat den Bürgermeister, der noch im Urlaub war. Außer uns fanden sich noch 20 polnische Helfer auf dem Friedhof ein, die meisten waren Mitarbeiter in städtischen Ämtern. Robert Wollny vertrat unseren Verein und Gruppe, dolmetschte und übergab einen Wimpel unserer Landsmannschaft für den Plenarsaal im Rathaus. Außerdem brachten wir einen Mohn- Streuselkuchen als Geschenk mit. Beide Gaben wurden sehr gewürdigt. Nach den kurzen Ansprachen fanden sich schnell einzelne Arbeitsgruppen zusammen. Weitere Unterstützung erhielten wir von der städtischen Feuerwehr. Mit einem Löschfahrzeug stellte sie die Wasserversorgung für den Dampfreiniger zur Verfügung. So wurde der Tag zu einem großen Erfolg. Die Bilanz der Arbeiten kann sich sehen lassen. Ca. 180 Grabsteine konnten geborgen und aufgestellt werden. Sie verraten nun wieder die Namen der Verstorbenen und gaben ihnen damit ihre Würde zurück. Viele einzelne Fragmente anderer Gedenksteine oder Grab- und Gruftanlagen wurden freigelegt. Eine Familiengruft wurde wieder mit ihrer Originalplatte verschlossen. Diese wurde aus dem Inneren der Gruft geborgen. Sie wurde mit dem Bagger herausgehoben. Viele Müllsäcke wurden gefüllt und geborgenen Grabsteine gesäubert. Bei den Arbeiten wurden auch immer wieder Entdeckungen gemacht. Wir fanden die Überbleibsel der Ascheurne von Erich Opitz, der in Schreiberhau eine Pappe- und Kartonagenfabrik besaß (heute Energiemuseum). Der Grabstein von Paul Jarke wurde geborgen, der das erste Kaufhaus in Schreiberhau führte (heute Sikorski Str. 1). Das Familiengrab Frey wurde entdeckt. Die Familienmitglieder beaufsichtigten über Generationen die Wälder der Schaffgotschs (Recherche von Stadtverwaltung Schreiberhau). Und erneut entdeckten wir Gasschleifer und Glasschleifermeister, Post- und Oberpostschaffner, einen Rechnungsrat usw. Weiteres wird die genaue Untersuchung der Steine hervorbringen.
Noch immer sind nicht alle Arbeiten für uns erledigt. Darum kehren wir vom 22.-24.10. erneut nach Schreiberhau zurück. Einige größere Steine harren noch der Bergung, die Reinigung der Grabsteine ist nicht abgeschlossen. So werden wir bei einem letzten Einsatz erneut die Hilfe des Baggers und der Feuerwehr brauchen.
16 Uhr endete der Arbeitstag mit einem gemeinsamen Grillen an der Iser- Baude mit einem Faß Freibier für die durstigen Kehlen. Unterbrochen wurde die Abschlußveranstaltung mit einem Besuch der ältesten katholischen Kapelle in Schreiberhau, die sonst nicht öffentlich zugänglich ist und auf Restaurierung wartet. 1610 gebaut und evangelisch, wurde sie 13 Jahre später durch die Gegenreformation katholisch. Das Innere ist protestantisch schlicht gehalten. Die Ausstattung wurde nach 1945 in die größere, in deutscher Zeit evangelische Kirche verbracht, die katholisiert wurde. Bei einer Restaurierung der Kapelle soll die ursprüngliche Ausstattung wieder zurückkehren.
Unser gemeinsames Beisammensein endete gegen 20 Uhr. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen gingen wir auseinander, es gibt ja bald ein Wiedersehen. Während des Einsatzes begleitete uns ein Reporter der regionalen Nachrichten, ein anderer führte ein Interview mit unserem Mitglied Robert Wollny. So eine positive öffentliche Aufmerksamkeit wünschten wir uns auch im eigenen Land.
Der Sonntag wurde von unseren Teilnehmern ganz verschieden genutzt. Kurzfristig bat der Bürgermeister um eine kurze Zusammenkunft, um sich persönlich bei uns zu bedanken. Gleich nach der Rückkehr aus seinem Urlaub war es ihm eine Herzensangelegenheit. Einige Mitglieder waren bereits abgereist, um dem Schlesischen Bierfest in Görlitz beizuwohnen. Ich dokumentierte alle geborgenen Grabsteine fotografisch. Sieben Mitglieder nahmen noch gemeinsam an einer kurzen Wanderung zum Moltkefels teil.
Auch diesmal gewährte uns Rübezahl ein herrliches Bergwetter mit Sonnenschein und blauem Himmel. Das Wochenende wäre auch ohne eine finanzielle Förderung durch das Sächsische Ministerium des Innern nicht möglich gewesen. Großer Dank gilt unseren Spendern für das leibliche Wohl der Teilnehmer. Der Hübner- Bäcker aus Horka spendierte den Kuchen, die Hoffleischerei Pusch aus Dorf Wehlen die Wurst. Es blieb kein Streusel und kein Zipfel Wurst übrig, das spricht für sich……
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Hier noch zwei Verweise zu Berichten unseres Arbeitseinsatzes auf polnischen Netzseiten.                             
http://www.szklarskaporeba.pl/de/ereignisse/archiv-der-ereignisse/allgemeine-informationen/4773-cmentarne-porzadki.html

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